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Tagebuch: Den Schlaf im Heuhaufen finden

23.09.2009 12:13, Malte Göbel
20090923_tagebuch_heuhotelFoto: Jörn Neumann

Die Sonne scheint, in der Ferne rauscht die Landstraße (wo die Laster die Autobahnmaut umgehen), ein lauer Westwind treibt gemächlich die letzten Schäfchenwolken über den Himmel. Im Wendland erlebt die Wahlfahrt mal wieder Natur pur. Die Landschaft ist nicht spektakulär, flaches Land mit Gras, Kühen oder Getreide – und überall gelbe Kreuze und Referenzen zu der Atomsache, wegen der wir ja hier sind.

Wir schlafen im Heuhotel Reddebeitz, Teil eines Rundlings – dieses Haufendorfes, das wie aus dem Erdkundebuch geschnitten scheint. Heuhotel-Chef Harry, mit Irland/Wales-Faible und natürlich aktiv in der lokalen Anti-Atom-Bewegung, erklärt uns das ganze: Allergiker kriegen Zimmer, sonst gibt es noch ein Matratzenlager, aber eigentlich schläft man im Heu. Schön, aber als ich die Nase ins Heu stecke, denke ich, nee, eigentlich bin ich ja allergisch und so, lieber die Matratzen.

Doch dann der letzte Abend: Abendsonne, Lagerfeuer, Bauernhofromantik at its best, Salle und Daniel S. tauschen Geschichten über ihre ersten Treckerfahrten aus. Ich könnte nur mit frühkindlichen U-Bahn-Erfahrungen dagegenhalten. Nicht genug. Die rurale Idylle flüstert mir mit Jeans Team ein: Oh Bauer, nimm mich mit auf die Felder, oder besser doch ins Heu.

Lu Yen gibt eine Allergietablette, und ich wage mich ins Heu. Es ist weich und warm, das erwartete Kleintiergekrabbel bleibt zunächst aus. Aber auch der Schlaf. Die Wahlfahrtler um mich rum geben recht bald regelmäßige Atemzüge von sich (größtenteils übrigens auch per Chemie gegen Allergie gewappnet), ich gucke in alle Richtungen, dämmere etwas vor mich hin, fahre hoch, weil es doch raschelt und trippelt, schließe die Augen ganz fest, aber statt dunkel wird es gelb, der Duft vom Heu ist überall, alles Kapuzen-hochziehen oder Schlafsack-Mummeln hilft nichts. Kein Schlaf.

Die Zeit vergeht. Ich auch. Irgendwann habe ich keine Lust mehr zu warten, klemme den Schlafsack unter den Arm und gehe nach draußen. Hier ist es dunkel und still, sogar die Landstraße hört man kaum. Tausche Heuromantik gegen Sternenhimmel. Ist doch auch was.

 

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