Mann & Politik
25.09.2009 16:40, Daniel Stender
MAGDEBURG. Der politisierende Mann ist ein treuer Begleiter der Wahlfahrt 09, zwar ändert er mit dem jeweiligen Bundesland seinen Dialekt oder sein Aussehen, aber vom Wesen her bleibt er überall gleich. Ob in Fußgängerzonen, auf Marktplätzen oder Raststätten – überall schlendert der politisierende Mann umher. Immer ist er bereit, den Zeigefinger aus der Hosentasche zu erheben, immer ist er empört, immer ist er beleidigt. Er ist mittleren Alters und eilt zielstrebig auf den Wagen der Wahlfahrt zu. Er grüßt, holt Luft und hört nicht mehr auf zu reden. Das Thema: „Politik“, der Tenor: „Alle korrupt, alles Abzocker.“
Nichts gegen diese Meinung an sich, aber warum sind es immer nur Männer, die zum politisierenden Schwadronieren neigen? Warum keine Frauen? Reden Männer über Politik, während Frauen besseres zu tun haben? Reden Frauen nicht über Politik und werden so Bundeskanzlerin?
An einem ganz normalen Wochentag haben wir daher eine Umfrage unter den Frauen Magdeburgs gemacht und sie gefragt, was ihre Themen bei der Bundestagswahl sind, wer ihre Interessen vertritt. Und warum Männer so gern über Politik reden.
Audio-Umfrage unter Frauen aus Magdeburg (Daniel Stender), Impressionen der Stadt (Jörn Neumann)
Außerdem haben wir uns an eine Expertin auf diesem Gebiet gewandt und ein Interview mit der Politikwissenschaftlerin Bettina Westle geführt. Sie lehrt und forscht an der Philipps-Universität Marburg, unter anderem über Geschlecht und politische Teilhabe.
Warum reden Männer immer so viel mehr und so viel lieber über Politik?
Männer werden immer noch anders sozialisiert – politiknäher. Es wird ihnen schon von der Erziehung her einfacher gemacht, sich so zu exponieren. Außerdem spielen auch die Lebensumstände eine Rolle, die bei Männern durch ihre Arbeit häufiger politiknah, bei Frauen im Fall von dominanter Familien- und Hausarbeit eher politikfern sind. Daher beteiligen sich Frauen im Durchschnitt weniger bei der klassischen Parteipolitik, auch weniger bei „harten“ Themen wie der Verteidigungs- und Wirtschaftspolitik. Stattdessen widmen sie sich eher „weichen“ Themen wie Bildung oder Familienpolitik. Aber beide Geschlechter interessieren sich stark für die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen.
Ist das nicht ernüchternd – nach 30 Jahren feministischer Politik?
Das sind mit Sicherheit nicht die Ziele, mit denen feministische Politik vor 30 Jahren angetreten ist. Wobei man nicht vergessen sollte, wie ernüchternd die Ausgangsbedingungen für feministische Politik vor 30 Jahren waren. Insofern hat sich schon etwas geändert. Besonders bei den Frauen – sie sind mehr in Männerdomänen vorgedrungen. Männer hingegen eher nicht, häusliche Arbeit beispielsweise machen fast immer noch nur Frauen. Insgesamt aber ist die Situation durchlässiger als vor 30 Jahren.
Heißt das aber auch, dass der politisierende Mann, wie wir ihn auf der Wahlfahrt immer wieder an unserem Stand erlebt haben, eine aussterbende Art ist?
Ganz so schnell ändert sich eine Gesellschaft nicht. Außerdem kommt es auch auf die Gegend an, in der Sie sich gerade befinden. In einer Großstadt ist das sicher anders, wenn sie in Frankfurt am Main fragen, werden Sie andere Menschen treffen als in einer Kleinstadt.
Hat die Tatsache, dass eine Frau Bundeskanzlerin ist, einen Einfluss auf die Wahlentscheidung von Frauen?
Wir haben das für die letzte Bundestagswahl untersucht: Es gab damals schon Frauen, die überlegten, CDU zu wählen, um so eine Frau zur Kanzlerin zu machen. Aber für die Mehrheit standen die Sachthemen im Vordergrund. Wie das in diesem Jahr sein wird, ist natürlich spekulativ – aber wirklich Politik für feministisch orientierte Frauen hat die CDU nicht gemacht.
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