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“Wir sind die größte Touristenattraktion”

30.08.2009 20:28, Malte Göbel

sigmaringen_erbprinzSIGMARINGEN. Karl Friedrich Erbprinz von Hohenzollern (57) ist Generalbevollmächtigter derUnternehmensgruppe Hohenzollern und spielt Saxophon in der Jazz-Band “Charly and the Jivemates”. Mit der Wahlfahrt sprach er über Wirtschaftsminister Guttenberg, Respekt gegenüber dem Adel und die Rolle der Hohenzollern in Sigmaringen.

Wie rede ich Sie eigentlich korrekt an? Durchlaucht?

Ja, wenn Sie das so machen wollen, gerne.

Oder Herr von Hohenzollern-Sigmaringen?

Herr von Hohenzollern gibt es nicht. Sie können entweder Prinz von Hohenzollern oder Durchlaucht sagen. Heute läßt man das angehängte Sigmaringen weg, es wurde früher zur Unterscheidung von den anderen Hohenzollernhäusern Hechingen und Haigerloch genutzt. Aber diese Linien gibt es alle nicht mehr, sondern nur noch das Haus Hohenzollern oder Haus Preußen.

Welche Bedeutung hat Adel heutzutage noch? Um Karl Theodor zu Guttenberg gab es ja fast einen Hype…

Ich glaube weniger, dass seine Beliebtheit mit seinem Adel zu tun hat – sondern er hat etwas, was die meisten Politiker heute nicht mehr haben: Eine gute Erziehung und eine gute Ausbildung. Sie merken es daran, dass er einer der wenigen Politiker ist, der keinen Dolmetscher braucht, weil er Englisch und Französisch fließend spricht – und weil er finanziell unabhängig ist und damit natürlich auch politisch unabhängig. Dann sieht er gut aus, das kann bei der weiblichen Wählerschicht eine Rolle spielen. Und er ist ein Sympathieträger. Das hat nichts mit seinem adligen Namen zu tun.

Hätten Sie mit Vorurteilen gerechnet?

Wenn ich an den Prinz zu Solms denke, der seit langem im Kabinett ist: Er musste sich auf Druck seiner Partei Herr zu Solms nennen, weil die Partei Nachteile befürchtete, wenn er sich als Prinz in der Politik präsentiert. Deswegen hatte ich sogar erwartet, dass Guttenberg mit Vorurteilen konfrontiert wird. Zu Unrecht: Er ist unabhängig und könnte auch etwas anderes tun. Aber er wollte bewusst in die Politik. Ich kenne ihn persönlich, und er hat gesagt, er möchte in der Politik etwas bewegen. Und das tut er momentan auch.

Ist ein Adelstitel heute noch wichtig?

Adelstitel gibt es heute gar nicht mehr, als Titel gibt es nur noch den Doktor. Es gibt aber einen adligen Namen, das zur Richtigstellung. Die Wichtigkeit wird einem von anderen beigemessen, ich kann jetzt nicht sagen, ob es wichtig oder nicht wichtig ist.

Spüren Sie in Sigmaringen im Umgang mit der Bevölkerung einen Respekt, der damit zusammenhängt?

Ja, aber das hängt nicht mit dem Namen zusammen, sondern das hängt mit der Familie zusammen, mit der Rolle, die wir in Sigmaringen spielen, mit der ganzen Geschichte.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Bevölkerung beschreiben?

Sehr gut. Ich bin hier zur Schule gegangen, ich habe ein völlig normales Verhältnis und relativ viele Schulfreunde, die heute in irgendwelchen Positionen sind. Ich kenne die Menschen, ich kann über die Straße laufen, ohne angeglotzt zu werden. Ich kann mich völlig normal bewegen und genieße aber trotzdem aufgrund der Dinge, die wir bewegen, Respekt. Das fängt mit dem Schloss an: Wir sind sicher in Sigmaringen die größte Touristenattraktion, sind aber natürlich auch der größte Arbeitgeber im Landkreis und haben deswegen den Respekt der Bevölkerung. Auch durch den normalen Lebenswandel, den wir führen. Wir sind wenig in der Presse, wir führen kein großspuriges Leben, weder mit Yachten noch mit sonstigen Dingen. Und ich glaube, dass wir uns damit den Respekt der Bevölkerung auch verdient haben.

Sie haben auch ein zweites Leben, sind leidenschaftlicher Jazzmusiker…

Als zweites Leben würde ich das eigentlich nicht bezeichnen, jeder Mensch hat nur eines. Aber es ist Teil meines Lebens, ein großes Hobby und meine Leidenschaft, und das betreibe ich auch, soweit es die Zeit erlaubt.

Finden Sie noch Zeit für Proben und Auftritte mit Ihrer Band “Charly and the Jivemates”?

Wir haben etwa zwei Auftritte pro Monat. Wenn man ein bisschen über das hinausgeht, was man als Hausmusik bezeichnet, und sich dazu entscheidet, sie auf der Bühne zu machen, dann muss man sich auch die Zeit dafür nehmen. Das macht ja auch Spaß.

Welche politischen Themen bewegen Sie vor der Bundestagswahl?

Das sind natürlich an erster Stelle die wirtschaftlichen Themen. Wie löst man langfristig das ganze Thema der Schuldenpolitik? Wie wird die zukünftige Regierung mit den Folgen der Wirtschaftskrise umgehen? Wie geht man damit um, dass man durch öffentliche Schulden selbst in Unternehmen eingegriffen hat – Thema Bankenverstaatlichung. Das bewegt mich schon. Wir haben Schulden, die wir auf die nächste Generation weitertragen. Und es sind auch viele Fragen nicht gelöst wie die Renten der Staatsbeamten, wovon sollen die in Zukunft bezahlt werden?

Wie stark spüren Sie in Ihren Unternehmen die Wirtschaftskrise?

Wir spüren sie, und zwar deutlich. In Teilbereichen gab es im Frühjahr bis zu 60% Auftragseinbrüche. Daraufhin haben wir Überstunden abgebaut, das war der erste Schritt. Der zweite Schritt war es, die nicht-festangestellten Leiharbeiter freizusetzen, und der nächste Schritt war die Leiharbeit. Wir denken aber, dass wir unsere Kernmannschaft halten können – das heißt, die Mitarbeiter, die wir fest im Betrieb haben. Wir kommen also fast ohne Entlassungen über die Runden. Aber wir haben starke Abstriche machen müssen und vermuten, dass wir in diesem Jahr etwa auf dem Niveau von 2005 landen werden.

Welche Partei werden Sie wählen?

Ich tu mich manchmal schwer, weil populistische Themen sein müssen und jede Partei die braucht, um gewählt zu werden. Ich tu mich mit allen bürgerlichen Parteien schwer, die FDP hat gerade die besten Argumente, aber ich möchte mich da nicht festlegen: Die Partei, die aus meiner Sicht meine Interessen am besten vertritt – das wird die Partei sein, die ich wähle.

 

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