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“Klimaschutz spielt im Wahlkampf eine zu kleine Rolle”

29.08.2009 11:03, Lu Yen Roloff

SIGMARINGEN. Gerhard Stumpp (52) ist Oberstudienrat und Stadtrat der Grünen in Sigmaringen. An der Liebfrauenschule leitet er die Solar-AG.

“Ich ärgere mich darüber, dass das Thema Klimaschutz im Wahlkampf eine zu geringe Rolle spielt und die CDU und die FDP die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke fordern. Ich halte das nicht für einen Beitrag zum Klimaschutz, weil damit Investitionen in neue Energien verlangsamt werden.

Die CDU und FDP verstehen sich als Parteien mit Wirtschaftskompetenz. Solange Atomstrom produziert wird, gibt es jedoch weniger Anreize für potenzielle Investoren, in regenerative Energien zu investieren. Deswegen verhalten sich CDU und FDP in der Frage der neuen Energien als Investitionsverhinderungsparteien. Meiner Meinung nach kommt das daher, dass es zu enge Verflechtungen zwischen diesen Parteien und den großen Energieversorgern gibt. Darüber hinaus spielt das Zwei-Grad-Ziel des Klimaschutzes praktisch keine Rolle im Wahlkampf – und das obwohl die Bundeskanzlerin dieses Ziel 2007 in Heiligendamm propagiert hat und es beim G8-Gipfel in L`Aquila bestätigt hat.

Ich finde das deswegen schlimm, weil der Klimaschutz das Thema des 21. Jahrhunderts ist und eine Überlebensfrage für die Menschheit. Die Ähnlichkeit der Klimaschutz-Problematik mit der Finanzkrisenproblematik ist, dass man für kurzfristig große Gewinne langfristig hohe Gemeinschäden in Kauf nimmt. Es hat mir noch niemand sagen können, wie hoch die personellen und sächlichen Kosten der Atommüllentsorgung in den nächsten hundert, tausend und hunderttausend Jahren sein werden. Aber diese Kosten entstehen und die überlassen wir unseren Kindern und Enkeln und deren Nachkommen. Das ist unverantwortlich. Es drängt sich der Gedanke auf, dass das vorläufige Endlager Asse zum Modell weiterer Endlager wird, am Schluss muss die öffentliche Hand die immensen Kosten tragen.

Ministerpräsident Oettinger von Baden-Württemberg hat vor zwei Tagen in Straßberg bei einer Wahlkampfveranstaltung nach Berichten der Schwäbischen Zeitung eine schwarze Designer-Unterhose geschenkt bekommen mit der sinngemäßen Aufschrift: Sie wissen ja gar nicht, wieviel Liebe darin steckt… Hier verkommt der Wahlkampf meiner Meinung nach zu einer Art Unterhaltungsklamauk. Und in so einer Atmosphäre kann man nicht die drängenden Probleme diskutieren.

Ich selbst bin Gymnasiallehrer. Wenn Schule die Kinder auf ihr Leben vorbereiten soll, dann muss das Thema Klimaschutz ganz vorne auf die Agenda der Schulen. Deswegen fordere ich ein eigenes Unterrichtsfach „Verantwortung Klima“.

Der Ausstieg aus der Atomenergie muss gemäß der Ausstiegsvereinbarung zwischen der ehemaligen Rot-Grün-Regierung und den großen Energieversorgern erfolgen. Die regenerativen Energien müssen zügig ausgebaut werden. Im Strombereich sollte man bis 2020 zwischen 30 und 47% regenerativ gewinnen – und bis 2050 muss man 80 % des CO2-Ausstoßes von heute beseitigt haben. Gegenüber der Zeit von 1850 darf sich das Klima nicht mehr als zwei Grad erwärmen – davon haben wir 0,75 Grad schon erreicht. Jeder Mensch darf mittel- bis langfristig nicht mehr als zwei Tonnen CO2 im Jahr verursachen, momentan sind es noch mehr als zehn Tonnen CO2 pro Bundesbürger. Das Ganze muss mit einer Bildungsinitiative begleitet werden, sonst sind diese Ziele nicht erreichbar.”

 

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